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Soll man antike Porzellanpuppen oder lieber Reproduktionen antiker
Puppen sammeln? Manche Sammler und Sammlerinnen haben sich in dieser
Frage längst entschieden, entweder für die eine oder für die andere
Möglichkeit. Aber viele sind sich noch unsicher.
Da
hat man vielleicht auf einer Puppenbörse oder -ausstellung eine
Puppenreproduktion entdeckt, die einem eigentlich sehr gut gefällt. Vielleicht
hat man sogar erst auf den zweiten oder dritten Blick gesehen, dass es sich
nicht um eine alte Puppe, sondern um eine Repro handelt. Was soll man nun
machen? Ist eine alte Puppe nicht doch ein größeres Kunstwerk als eine
Nachbildung aus der heutigen Zeit? Oder sind beide von ihrer künstlerischen
Bewertung her gleichzusetzen? Kann man gar guten Gewissens eine Sammlung antiker
Puppen mit hochwertigen Reproduktionen bereichern? Und wie sieht es mit der
Frage der Wertsteigerung, der Wertanlage aus?
Es gibt vor allem zwei Vorurteile gegen Reproduktionspuppen:
Zum einen,
dass
sie einfach nicht gut gemacht sind, zum anderen, dass man es letztlich nicht mit
dem originalen Kunstwerk zu tun hat. Dem ersten Argument ist teilweise
beizupflichten, gibt es doch gerade bei den Antikreproduktionen eine große
Anzahl schlechter oder allenfalls mittelmäßiger Anfertigungen. Es gibt
andererseits aber auch ganz hervorragende Exemplare, die sozusagen Museumsqualität
besitzen und in Detailtreue und Ausstrahlung ihren antiken Vorbildern absolut
ebenbürtig sind.
Somit ist bei einer Reproduktionspuppe die handwerkliche Qualität ein viel
wichtigeres Beurteilungskriterium als bei einer Antikpuppe, wo z.B. die
Seltenheit und der Erhaltungszustand eine viel größere Rolle spielen. Der
ernsthafte Reprosammler muss sich auf sein geübtes Auge verlassen, um zum
Beispiel beurteilen zu können, ob die Bemalung der Wimpern oder Augenbrauen
tatsächlich dem Originalmodell entspricht.
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Jede Reproduktion muss (im Nackenbereich) als solche gekennzeichnet sein, mit
dem Namen der Reprokünstlerin und ihrem Entstehungsjahr. Auf diese Weise sind
Verwechslungen und unfreiwillige Fälschungen ausgeschlossen. Wie sieht es nun
aber mit dem zweiten Argument aus, dass Reproduktionen nicht das
"Original" ersetzen können?
Im Herstellungsprozess einer jeden Porzellanpuppe gibt es nur ein einziges
Kunstwerk, nämlich das - meist von einem Bildhauer - modellierte Unikat des
Puppenkopfes. Bei allen später
hergestellten Puppen - auch den antiken -
handelt es sich lediglich um immer wieder neue Abgüsse aus dieser einmal
geschaffenen Form. Die Puppen, die in der Blütezeit der Puppenherstellung am
Anfang des Jahrhunderts entstanden sind, kann man mit Fug und Recht als
industrielle Massenware bezeichnen, während bei den heutigen Puppenmacherinnen
eindeutig die zeitintensive Einzelanfertigung dominiert. Die Puppenherstellung
in damaliger Zeit war durch eine extreme Arbeitsteilung gekennzeichnet: es kam
vor, dass manche Puppenmalerinnen immer nur die linken Augenbrauen gemalt haben,
andere daraufhin die rechten Brauen, wieder andere den Mund usw. Aus diesem
Verfahren resultierte zwar einerseits eine große Erfahrung der damaligen
Puppenmaler, so dass man heute noch immer den genialen Pinselstrich mancher
antiken Puppe bewundern muss. Mindestens ebenso oft aber findet man bei alten
Puppen auch lieblose, hingepfuschte und fehlerhafte Bemalungen, die kein guter
moderner Puppenmacher jemals so durchgehen lassen würde.
In Anbetracht dieser Fakten bleiben eigentlich nur zwei Aspekte, die für die
Anschaffung einer alten Puppe im Vergleich zu einer Reproduktion sprechen:
erstens das blosse Wissen um das höhere Alter (und um die mögliche Geschichte)
dieser Puppe und zweitens die berühmte "Patina" und die sichtbaren
Spielspuren. Für manche Sammler sind diese Punkte so wichtig, dass sie nur
antike Puppen sammeln möchten. Viele andere Sammler dagegen lieben zuallererst
den reizenden Ausdruck einer typischen deutschen Charakterpuppe oder die
aufwendige Bekleidung französischer Puppen, und beides finden sie bei einer
qualitativ hochwertigen Reproduktion mindestens ebenso wie bei einer antiken
Puppe. Vor allem erhalten sie es hier zu einem Preis, der meistens nur einem
Bruchteil des Wertes einer antiken Puppe entspricht. Deshalb gehen immer mehr
Antikpuppensammler dazu über, bei seltenen und unerschwinglich teuren
Antikpuppen auf eine gute Reproduktion zurückzugreifen. Im übrigen sind auch für
Reproduktionspuppen "in Museumsqualität" Wertsteigerungen zu
erwarten; selbst auf Auktionen werden sie schon gehandelt.
Welche Art von Puppen Sie auch immer sammeln mögen, eines ist sicher: Sie
haben ein schönes Hobby!
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Barbara Benken geht es
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