|
Bücher aus
dem Zeitgut Verlag
|
|
|
Getäuscht und
verraten
|
Aus der Reihe 'Zeitgut'. Mit
Abbildungen, Chronologie und Ortsregister.
Zeitgut Verlag GmbH
Juli 2002
gebunden
320 Seiten
|
|
3933336074
|
€ 18,90
|
kaufen
|
So unterschiedlich die 38 Erinnerungen
dieses Buches auch sind, gemeinsam ist ihnen, daß sie einen
unverstellten Blick in den Alltag einer Zeit bieten, die uns immer
fremder zu werden droht. Deutschland vor knapp siebzig Jahren: Ein
Land voll Rassenhaß, Willkür und Gewalt gegen Andersdenkende. Die
Nazis nutzen geschickt die Unzufriedenheit und die Gefühle der
Aussichtslosigkeit.
"Vater war, wie viele andere auch, schon lange ohne feste
Arbeit", schreibt Hans Östereich. "Er erhielt
Wohlfahrtsunterstützung. Das war zum Leben zu wenig und zum Sterben
zu viel." Die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten
interessiert den 13-jährigen nicht sonderlich. "Mich beschäftigte
am meisten, wie ich nach meiner Schulentlassung eine kaufmännische
Lehrstelle finden könnte", erinnert er sich. Das Kaufhaus
Leonhard Tietz in Hanau, wo er seine Ausbildung beginnt, wird 1933 über
Nacht "arisiert", und in "Westdeutsche Kaufhof AG"
umbenannt. Juden werden aus leitenden Stellen entfernt. Der Kampf, den
die Nationalsozialisten den Juden angesagt haben, wird bitterer Ernst.
Doch nicht nur die Juden werden Opfer des Systems. Magda Riedel-Zehlke
erzählt die Geschichte ihres Bruders Hansi, der wegen einer
Hirnhautentzündung geistig behindert ist. Das neue "Gesetz zur
Verhütung erbkranken Nachwuchses" zwingt die Eltern, der
Sterilisierung zuzustimmen. Im Mai 1934 wird der Junge zur Beobachtung
in die psychiatrische Anstalt in Schwerin eingewiesen. Während der
Schulferien darf Hansi nach Hause. Der behandelnde Arzt rät dem
Vater, seinen Sohn nicht wieder in die Anstalt zurückzuschicken.
Dieser Hinweis rettet Hansi das Leben. Zwei andere behinderte Kinder
aus der Nachbarschaft sterben kurz darauf in dem Krankenhaus -
angeblich an Lungenentzündung.
Erschreckend hautnah ist der Bericht von Gertrud-Karola Wolff. Als
Halbjüdin erlebt sie in Stuttgart inmitten gaffender Passanten den
Tag nach der Reichskristallnacht als schauriges Schauspiel.
Wolfgang Wüstefeld schildert seinen Rauswurf aus dem Gymnasium in
Frankfurt an der Oder. Er hatte sich geweigert, der Hitler-Jugend
beizutreten und beginnt nun eine Maurerlehre.
Doch die meisten Jugendlichen empfinden solche Zweifel nicht und sind
bald begeistert dabei. "Für uns war die Welt in Ordnung",
erinnert sich Annemarie Frisch. "Marschmusik, singende junge
Menschen, lachende Gesichter überall." Sechs Jahre glaubt sie an
eine friedliche Entwicklung für Deutschland. Bei Kriegsbeginn 1939
hofft die Mehrheit noch, in ein paar Wochen würde alles vorbei sein.
Es kommt ganz anders ...
|
|
|
|